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 Regionalliga
DerTom Offline

Foren Jott


Beiträge: 1.278

30.05.2008 18:30
30.05.08 NGZ Der Abschied des Patriarchen Zitat · Antworten
Der Abschied des Patriarchen

Mit seiner Umstrukturierung begibt sich der Handball-Regionalligist TV Korschenbroich auf gefährliches Terrain
VON VOLKER KOCH

Ist er der Lotse, der von Bord geht? Ist er das Bauernopfer nach dem verpatzten und verpassten Saisonziel? Oder macht er schlicht und einfach Platz für neue Strukturen und jüngere Leute? Es wird wohl von allem etwas sein, was den Abgang von Jupp Grimm nach gut zwei Jahrzehnten auf der sportlichen Kommandobrücke des TV Korschenbroich besiegelte.
Fakt ist: Mit Grimm verlässt einer der letzten Patriarchen die Handball-Szene. Männer wie ihn, die mal mit eisener, mal mit väterlicher Hand, meist jedenfalls im Alleingang die Geschicke eines Vereins bestimmten, waren im Handball lange Jahre die Regel, nicht die Ausnahme. Eugen Haas beim VfL Gummersbach, Bodo Ströhmann bei der SG Wallau-Massenheim oder Klaus Schorn beim TuSEM aus Essen hießen die prominentesten Vertreter dieser Spezies. Wenn er auch sicher nicht so viel (eigenes) Geld in seine Lieblingsbeschäftigung gesteckt hat wie dieses Trio - im kleinen, räumlichen Maßstab des „Handballdorfs", der Ober- und Regionalliga war ihnen Jupp Grimm durchaus ähnlich: Mehr Macher als Manager, einer, der mit auf der Bank saß und auch schon mal den Medizinkoffer in die Halle trug. Einer, der die Sponsoren persönlich kannte und für seine Leidenschaft begeisterte, einer, der Trainer und oft auch Spieler nach seinem Gusto aussuchte und entließ - ein Patriarch eben. Für die ist im Handball moderner Prägung, in der auch Regionalligisten schon Etats von einer Viertelmillion Euro und mehr stemmen, kaum noch Platz. Hier bestimmen - hauptamtliche - Manager, die nicht selten selber Spieler waren, Geschicke und Geschäfte, kontrolliert von Aufsichts- und Verwaltungsräten, in denen meist (nicht nur) Vertreter der Sponsoren das Sagen haben. Handball ist auch unterhalb der „stärksten Liga der Welt" mittlerweile zum Business geworden, in dem neben dem sportlichen Erfolg eher ausgeklügelte Marketingkonzepte Sponsoren anzulocken vermögen als persönliche Gespräche an der Biertheke. Deren Wert und Wichtigkeit gleichwohl nicht zu unterschätzen sind. Ob es deshalb klug war, Jupp Grimm gleich aufs Altenteil zu schicken beim TVK, wird sich zeigen. Doch mit seiner „ganz oder gar nicht"-Mentalität dürfte der bisherige Manager wohl kaum für einen Abschied auf Raten, einen Rückzug ins zweite Glied zu begeistern gewesen sein.
Mit Blick auf eine zunehmende Professionalität, die der Klub braucht, will er sich mittelfristig in der (demnächst nur noch eingleisigen, 20 Vereine umfassenden) Zweiten Liga etablieren, war der Abschied des Patriarchen nur konsequent. Weniger konsequent erscheint der zweite Schritt der Korschenbroicher, die sportliche Macht einer einzigen Person zu übertragen. Nichts gegen Khalid Khan und seine fachliche Kompetenz, die er trotz des verpassten Klassenerhaltes bewies, indem er den TVK auf Rang fünf der Rückrundentabelle führte. Doch dem Trainer gleichzeitig die Verantwortung als Sportlicher Leiter zu übertragen, könnte sich irgendwann als fataler Irrtum erweisen: Trainer brauchen immer ein Korrektiv, einen, der sie fordert und kritisch begleitet, der Ziele vorgibt und über ihre Einhaltung wacht. Das kann keiner in Personalunion erledigen. Und was ist, wenn der erhoffte Erfolg ausbleibt? Wer entlässt dann den Trainer Khalid Khan? Der Sportliche Leiter Khalid Khan? Oder der Geschäftsführer, der dann gleich zwei Baustellen zu besetzen hat?
Gerade der TVK hat mit einem (zu) mächtigen Trainer einen Schiffbruch erlitten, der trotz sensationeller Rückrunde nicht mehr reparabel war. De facto war Olaf Mast, unter der schützenden Hand des Patriarchen Jupp Grimm, nämlich längst das, was Khalid Kahn nun auch de jure wird: Trainer und Sportlicher Leiter in Personalunion. Das Ergebnis ist hinlänglich bekannt.



"Das ist die Crux unserer Spezies: Jeder hat es kommen sehen, nur eben nicht so bald!" (Ian Malcolm in "Dino Park")

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