Wunder gibt’s nicht immer VON VOLKER KOCH
Wer beim TV Korschenbroich an ein zweites Handballwunder innerhalb von drei Tagen geglaubt hatte, der wurde am Freitag Abend enttäuscht. Gegen den TSV Bayer Dormagen waren die am Dienstag noch mit 35:34 gegen Erstligist MT Melsungen siegreichen Gastgeber vor 900 Zuschauern in der restlos überfüllten Waldsporthalle letztlich chancenlos, enttäuschten bei der 26:36-Niederlage (Halbzeit 10:17) aber keineswegs. Dormagen scheint in dieser Saison sowohl in physischer als auch in taktischer Hinsicht eine Klasse für sich zu sein in der 2. Liga Süd. Schließlich reichte dem ungeschlagenen Tabellenführer am Freitag Abend eine durchschnittliche Leistung, um den TV Korschenbroich sicher in Schach zu halten. Der Aufsteiger hatte sich ohnehin nicht allzu vielen Illusionen hingegeben, drei Tage nach der Pokalsensation eine weitere Überraschung schaffen zu können. „Dass die hier ganz anders auftreten würden als Melsungen, war mir klar“, meinte TVK-Linkshänder Kai Faltin mit Blick auf den Spitzenreiter. Die Dormagener wirkten abgeklärter und begingen auch nicht den Fehler, dem der Bergische HC vor zwei Wochen an gleicher Stelle beinahe zum Opfer gefallen wäre. Sie ließen sich nicht auf einen offenen Schlagabtausch mit den Korschenbroichern ein, sondern nahmen von Beginn an geschickt das Tempo aus dem Spiel. Und im Positionsangriff waren die Gäste dem Aufsteiger wie erwartet überlegen. Das reichte, um trotz anfänglich guter Paraden des Ex-Dormageners Henning Wiechers zwischen den Torpfosten nach 14 Minuten mit 7:3 in Führung zu liegen. Korschenbroich hielt das Spiel vor allem dank seines Kreisläufers Nerijus Kesilis noch halbwegs offen, den die Dormagener im ersten Durchgang nur schwer in den Griff bekamen. Vor allen der vor einer Woche gegen Düsseldorf noch überragende Maciej Dmytruszynski hatte seine liebe Mühe und Not mit dem Litauer. Weil die übrigen Korschenbroicher sich aber zu viele Ballverluste und technischer Fehler leisteten, zog Bayer vor allem dank einer erneut überragenden Leistung von Nils Meyer auf 12:6 davon (20.). TVK-Trainer Olaf Mast nahm eine Auszeit, doch sein neues taktisches Konzept wurde bereits 60 Sekunden später durchkreuzt, als Mathias Deppisch nach Foul an Nils Meyer von den insgesamt schwachen Unparteiischen Reichenbach/Scheipers (Münster/Wettringen) die Rote Karte gezeigt bekam. Seiner stärksten Gegenstoßwaffe beraubt, geriet der TVK noch stärker ins Hintertreffen und war mit dem 10:17 Pausenstand noch recht gut bedient. Dormagen gab diesen komfortablen Vorsprung nicht mehr aus der Hand, daran änderten auch vier Paraden des nach 26 Minuten eingewechselten Marcel Leclaire direkt nach der Pause nichts. Denn im Angriff fehlte den Hausherren auf wichtigen Positionen am Freitag die Durchschlagskraft. Pascal Schiewe blieb ebenso blass wie Jörn Ilper, und warum TVK-Trainer Olaf Mast den bis dahin so starken Kesilis im zweiten Durchgang auf der Bank schmoren ließ, blieb rätselhaft. Einzig Dennis Marquardt, mit sechs Feldtoren erfolgreichster Korschenbroicher, und erst in der Schlussphase der Ex-Dormagener David Breuer vermochten dem TSV einigermaßen Paroli zu bieten. Ganz anders die Gäste, bei denen keiner überragte, aber auch keiner aus dem geschlossenen Kollektiv leistungsmäßig abfiel. Auch die Rote Karte für Florian Wisotzki nach Foul an David Breuer (45.) steckten die Gäste weg, ohne aus dem Konzept zu geraten. Im Gegenteil, sie bauten ihren Vorsprung bis auf zehn Tore (29:19, 48.) aus und hätten am Ende durchaus noch deutlicher gewinnen können. Das spricht nicht gegen den TV Korschenbroich, sondern für die Stärke des TSV Bayer Dormagen. Die Gegner, die der Aufsteiger in eigener Halle bezwingen muss kommen später - schon mit dem nächsten Heimspiel, wenn sich mit TuSpo Obernburg ein direkter Konkurrent im Abstiegskampf in der Waldsporthalle vorstellt.
_______________________________________________________ Wenn jeder an sich selbst denkt, ist an alle gedacht.
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