Sensationelle Aufholjagd zum 37:36
23.10.06 • HANDBALL Schlüsselträger setzten sich nach Fünf-Tore-Rückstand kurz vor Schluss gegen Korschenbroich durch Wagner-Schützlinge liefen in erster Halbzeit zu großartiger Form auf, verloren nach dem Seitenwechsel völlig den Faden
Von Dirk Wilms
SOEST · So eine Stimmung haben die Schlüsselträger schon lange nicht mehr entfacht. "Standing ovations" begleiteten die Regionalliga-Handballer des Soester TV durch die letzten Minuten des Duells mit dem TV Korschenbroich, das sechs Minuten vor Schluss schon verloren schien. Mit fünf Toren - 31:36 - lagen die Hausherren hinten, als sie zu einer furiosen Aufholjagd starteten. Am Ende stand ein umjubelter 37:36-Sieg zu Buche, der jegliche Befürchtungen zerstreute, der STV könnte unter einem Heimkomplex leiden.
Das Spiel gegen den Meisterschaftsaspiranten, der bislang so wenig zu überzeugen wusste, begann mit einigen Soester Fehlwürfen und etlichen gegnerischen Freiwürfen. EIn 0:2-Rückstand wurde aber schnell wettgemacht, denn die junge STV-Garde lief zu einer Form auf, die Handball-Experten mit der Zunge schnalzen ließ. Vor allem das Kombinationsspiel zwischen Bastian Ketterer in der Mitte und Max Loer auf halbrechts lief wie am Schnürchen, zumal auch Carsten Kempermann am Kreis immer wieder erfolgreich eingebunden wurde.
So erarbeitete sich der STV nach zehn Minuten erstmals die Führung, versäumte es aber, in Überzahl den Vorsprung frühzeitig auszubauen. So kamen die Gäste mit dem überragenden van Walsem immer wieder heran, ehe in der Schlussphase der ersten Halbzeit auch Linksaußen Nico Wunderlich zu großer Form auflief und mit einem Konter den 19:17-Halbzeitstand herstellte. Pech hatte kurz zuvor Trainer Reiner Wagner, der ausgerechnet in dem Moment die grüne Karte zückte, als Loer einen erfolgreichen Torwurf ansetzte, der folglich nicht gewertet werden konnte.
Während in der Pause die Soester Fans überaus angetan von der Leistung ihrer Mannschaft fachsimpelten, muss im Pausentee der Schlüsselträger ein Beruhigungsmittel gewesen sein. Denn nach dem Seitenwechsel waren die Schwarz-Roten kaum wiederzuerkennen. Ein Fehlwurf nach dem anderen war zu verzeichnen, so dass aus der Führung im Nu ein 20:22-Rückstand wurde (35.).
Wagner reagierte, brachte Jens Gawer auf die Mittelposition und beorderte Tobi Dickgreber zwischen die Pfosten, nachdem Veit Lichtenegger bis zur 20. Minute und anschließend Markus Jostes nur selten ihre Hände an den Ball bekommen hatten.
Die Maßnahmen zahlten sich insofern aus, dass der STV das Spiel nun wieder offen gestaltete und nach zwischenzeitlichem Drei-Tore-Rückstand wieder auf einen Treffer herankam. Doch in der Folge wurde die Abwehr immer löchriger. Vor allem der flinke Schiewe gab den Soestern Rätsel auf, während auf der Gegenseite etliche Fehlwürfe zu verzeichnen waren. In der 47. Minute standen erstmals fünf Tore Rückstand zu Buche.
Zu allem Übel fing sich Max Loer knapp zehn Minuten vor Schluss seine dritte Zeitstrafe ein und musste auf die Tribüne. Kurz darauf nahm Wagner eine Auszeit. Seine Worte fielen offenbar auf fruchtbaren Boden. Denn mit der Umstellung auf eine 5:1-Abwehr mit Tobias Rückert auf dem vorgeschobenen Posten fand er das richtige Mittel gegen die TVK-Angreifer, die fortan nichts mehr zustandebrachten.
Nach dem 31:36 verkürzte der STV Tor um Tor. Zweieinhalb Minuten vor Schluss trennte die Kontrahenten nur noch ein Treffer. Korschenbroich nahm eine Auszeit, die aber nichts nützte. Denn van Walsem beging ein Stürmerfoul, Bernau fing sich "rot" ein. Kempermann vergab zwar die erste Ausgleichschance. Doch nach einem Fehlwurf Schumachers trug der STV den nächsten Angriff vor, den Ketterer 40 Sekunden vor Schluss mit dem 36:36 abschloss.
Noch einmal kamen die Gäste in Ballbesitz und erneut scheiterte Schumacher (59:45). Mit einem dritten Unentschieden in Folge wollten sich die Schlüsselträger aber nicht abfinden. Fast mit der Schlusssirene hämmerte Per Wilhelm das Leder zum umjubelten 37:36 in die Maschen.
TRAINERSTIMMEN
Reiner Wagner (Soest): "So etwas habe ich in Soest noch nicht erlebt. Das war wie ein Märchen mit allen Aufs und Abs, die Handball zu bieten hat. Das Spiel hat gezeigt, dass die Mannschaft an sich glaubt. Sie hat zweimal Rückstände in Unentschieden verwandelt, jetzt sogar in einen Sieg. Die erste Halbzeit war die beste, seit ich Trainer bin. Vor allem die jungen Spieler haben großartig gespielt."
Olaf Mast (Korschenbroich): "Ich bin sprachlos. Ich finde keine Erklärung. In Überzahl sind uns so gravierende Fehler unterlaufen. Das war wie eine Blockade." · dw
STATISTIK
Soester TV - TV Korschenbroich 37:36 (19:17).
Soester TV: Lichtenegger, Jostes, Dickgreber; Kempermann (6), Köhne, Ketterer (6), Wilhelm (5), Loer (5), Genau (7), Wunderlich (8/3), Rückert, Gawer, Pop, Zyprian (n.e.)
TV Korschenbroich: Kokott, Leclaire; Schiewe (5), Deppisch (7), Kesilis, Schumacher (1), Bednarzik (1), Faltin (2), Spix (5), van Walsem (12/5), Bernau (3), Weber, Warncke.
Schiedsrichter: Berning, Thiemann (beide Steinfurt)
Tore: 0:1 van Walsem (7m), 0:2 van Walsem (7m), 1:2 Loer, 1:3 Deppisch, 2:3 Ketterer, 2:4 van Walsem (7m), 3:4 Genau, 4:4 Kempermann, 4:5 Schiewe, 5:5 Loer, 6:5 Genau, 7:5 Ketterer, 7:6 van Walsem (7m), 8:6 Loer, 8:7 Faltin, 8:8 Deppisch, 9:8 Kempermann, 10:8 Genau, 10:9 van Walsem, 11:9 Ketterer, 11:10 van Walsem, 11:11 van Walsem, 12:11 Kempermann, 12:12 van Walsem, 13:12 Kempermann, 14:12 Wunderlich, 15:12 Wunderlich (7m), 15:13 Deppisch, 15:14 Schumacher, 15:15 Deppisch, 16:15 Wilhelm, 17:15 Loer, 17:16 van Walsem, 18:16 Ketterer, 18:17 Spix, 19:17 Wunderlich - Pause - 19:18 van Walsem (7m), 20:18 Genau, 20:19 van Walsem, 20:20 Faltin, 20:21 Schiewe, 20:22 Spix, 20:23 Spix, 21:23 Genau, 21:24 Deppisch, 22:24 Wunderlich, 22:25 Spix, 23:25 Wunderlich (7m), 23:26 Spix, 24:26 Genau, 25:26 Wunderlich (7m), 25:27 Bernau, 26:27 Loer, 26:28 Schiewe, 27:28 Wilhelm, 27:29 Schiewe, 27:30 Schiewe, 27:31 van Walsem, 27:32 Deppisch, 28:32 Wilhelm, 29:32 Genau, 29:33 Bernau, 30:33 Kempermann, 30:34 Bernau, 30:35 Bednarzik, 31:35 Kempermann, 31:36 Deppisch, 32:36 Wilhelm, 33:36 Ketterer, 34:36 Wunderlich, 35:36 Wunderlich, 36:36 Ketterer, 37:36 Wilhelm.
Quelle: Soester Anzeiger