erstellt am: 06.04.2009
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http://www.ngz-online.de/public/article/...-Fahrstuhl.html Khalid Khan und die Zukunft
Nicht wieder in den FahrstuhlVON VOLKER KOCH - zuletzt aktualisiert: 06.04.2009 - 21:30
Während die anderen feierten, dachte Khalid Khan an die Zukunft. Und die sieht der Trainer des TV Korschenbroich trotz der Rekordmarke, die seine Schützlinge in der Handball-Regionalliga West angesichts von nun 25 Spielen ohne Niederlage in Folge anstreben, keineswegs durch die rosarote Brille: „Ich will nicht sehenden Auges ins Verderben rennen“, sagt Handball-Lehrer mit Blick auf die zweite Saison des TVK im Unterhaus der „stärksten Liga der Welt.“ In der möchte der 43-Jährige die Fehler vermeiden, die vor einem Jahr in den Abstieg führten: Am Ende ging mangels Masse und Klasse auf der Auswechselbank trotz (oder aufgrund) einer beeindruckenden Aufholjagd, dank der der TVK Platz fünf in der Rückrundentabelle belegte, die Luft aus. Hätte Khan im entscheidenden Spiel, der 30:32-Heimniederlage gegen HG Oftersheim-Schwetzingen, nur ein oder zwei Alternativen zum Wechseln gehabt, er hätte trotz der Starthypothek von 2:28 Punkten (2:22 unter seinem Vorgänger) den TVK noch zum Klassenerhalt geführt.
Aus Schaden wird man klug. Denkt zumindest der Trainer und fordert deshalb mitten in der Aufstiegseuphorie unmissverständlich Verstärkungen. Khan tut das mit gewohnt markigen Worten: „Wir können nicht nur mit elf Feldspielern in die Saison gehen. Wenn wir das tun, ist das sportlicher Selbstmord.“ Wobei er sehr wohl um die wirtschaftlichen Zwänge weiß: „Von dem Gedanken, Top-Spieler zu bekommen, habe ich mich längst verabschiedet.
Aber wir brauchen mindestens zwölf Feldspieler, die die technischen und taktischen Fähigkeiten haben, in der Zweiten Liga zu bestehen.“ Das einzufordern, sagt Khan, sei als Trainer nicht nur sein Recht, „sondern meine Pflicht. Wenn es dann nicht umgesetzt werden kann, haben das andere zu verantworten.“
So falsch liegt Khan damit nicht. Egal, wie souverän seine Schützlinge durch die Regionalliga marschiert sind - der Unterschied zur Zweiten Liga (Süd) ist enorm. Was zur Folge hat, dass ein Großteil der Aufsteiger gleich wieder den umgekehrten Weg nimmt.
So dürfte der Leichlinger TV angesichts von neun Zählern Rückstand auf den 15. Tabellenplatz kaum zu retten sein. Und welches Hauen und Stechen im Süden herrscht, zeigt, dass Tuspo Obernburg auf dem Relegationsplatz 16 (nach unten) gerade mal elf Punkte von der TSG Friesenheim auf dem Relegationsplatz zwei (nach oben) trennen. Ein Konkurrenzkampf, der sich angesichts der Reduzierung auf 20 Zweitligisten in einer dann eingleisigen Liga ab der Saison 2011/12 noch verschärfen dürfte.
Und den möglichen „Durchmarsch“ von 60:0 Punkten in Ehren - aber die stärkste aller dritten Ligen ist die Regionalliga West ganz bestimmt nicht. Auch der TSV Bayer Dormagen marschierte in der Spielzeit 2001/02 ohne Punktverlust durch - und belegte im ersten Zweitliga-Jahr nur Rang zwölf, musste lange um den Klassenverbleib zittern.
„Und die hatten viele Profispieler in ihren Reihen“, erinnert sich Khan, damals Co-Trainer in Dormagen. Die hat er in Korschenbroich nicht. Außer mit dem TVK sammelten nur Marcel Leclaire (Dormagen, Solingen), Mathias Deppisch (Solingen), Markus Breuer (Pfullingen, Balingen) und David Breuer (Dormagen) anderswo Zweitliga-Erfahrung. Und nur Jörn Ilper (Gummersbach) bringt Routine aus Liga eins mit.
Drei Abgänge - Roland Mainka, Christopher Bath, Lukas Esser - müssen auf jeden Fall ersetzt werden. Handlungsbedarf besteht ansonsten nicht nur wegen Mainkas Weggang vor allem zwischen den Torpfosten, auch wenn Khan Marcel Leclaire „eine ganz starke Rückrunde“ bescheinigt.
Doch die Torhüterposition ist im modernen Handball eine ganz entscheidende. „Kriegen wir die überdurchschnittlich besetzt, werden wir eine gute Rolle spielen. Wenn nicht, wird es verdammt schwer, drin zu bleiben“, ist der Trainer überzeugt.
Doch auch im Rückraum müssen die Korschenbroicher nachlegen. Mit Simon Breuer steht nur ein „gelernter“ Mittelmann im Kader. Fallen er oder sein Bruder David auf der Linkshänderposition aus, ist der TVK leicht ausrechenbar. Auf die Idee, einen von ihnen in Manndeckung zu nehmen, ist die Konkurrenz längst gekommen.
Die entscheidenden Spiele werden ohnehin meist „von der Bank aus“ gewonnen - wenn der Stammsieben die Luft ausgeht und beim Wechseln kein Bruch ins Spiel kommt. Hätte der TVK vor zwölf Monaten diese Möglichkeit gehabt, hätte er sich ein Jahr Regionalliga erspart.
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