Begegnung zweier Handball-Welten
NGZ von Tobias Käufer

Den Rest des Abends verbrachte Jörn Ilper in einem Kölner Krankenhaus: Völlig ausgepumpt und am Ende seiner Kräfte hatte ihm TVK-Geschäftsführer Peter Irmen eine Vitamin-Infusion verordnet: „Er hat alles aus sich heraus geholt und das, nachdem er unter der Woche drei Tage lang wegen einer Virus-Infektion flach gelegen hatte“, staunte der Mediziner Irmen über die Leidensfähigkeit des Korschenbroicher Oldies.

Auch der Arbeitstag von David Breuer war nicht von Pappe: Erst hatte der Top-Torjäger des TVK vor dem Derby eine vierstündige Prüfung zu überstehen, dann noch schnell den neuen Vertrag zu unterschreiben, ehe Breuer eine Stunde später zu den gefeierten Korschenbroicher Handball-Helden im Lokalderby der 2. Bundesliga gegen die HSG Düsseldorf gehörte.

Der Aufsteiger hatte mit dem 32:28-Sieg (15:17) gegen den Bundesliga-Aspiranten HSG Düsseldorf ein Lehrstück abgeliefert, was mit der richtigen Einstellung und mannschaftlicher Geschlossenheit so alles möglich ist. Zwar fehlten dem Tabellenzweiten mit Jens Sieberger, Frantisec Sulc und Patrik Fölser gleich drei Stammkräfte, doch der Rest der Millionentruppe aus der Landeshauptstadt ist immer noch doppelt so teuer wie der verbliebene TVK-Kader, der mit Dennis Marquardt ebenfalls einen seiner Leistungsträger ersetzen musste.

Der Rückraumspieler soll wegen seiner lädierten Schulter so schnell wie möglich operiert werden, damit er wenigstens zum Start der neuen Saison wieder im Vollbesitz seiner Kräfte ist. Er quält sich schon seit Wochen mit der schmerzhaften Blessur herum.

Und die Düsseldorfer? Die Mannschaft, die sich in der kommenden Saison so gerne wieder mit Klubs wie dem THW Kiel, der SG Flensburg oder dem HSV Hamburg messen will, war nicht einmal in der Lage, den amtierenden Westdeutschen Meister zu dominieren. „Der TVK war heute einfach schneller und besser“, stellte HSG-Coach Georgi Sviridenko seiner Mannschaft ein sportliches Armutszeugnis aus. Dass die Gäste obendrein auch den Eindruck vermittelten, konditionell den wieselflinken Korschenbroichern in der Schlussphase nicht mehr gewachsen zu sein, lässt für die kommenden unangenehmen Aufgaben der Düsseldorfer nichts Gutes erahnen.

Die Korschenbroicher feierten die nicht eingeplanten beiden Punkte gegen den haushohen Favoriten bis tief in die Nacht, Geschäftsführer Peter Irmen schloss die „Waldsporthölle“, wie sie Pressesprecher Benjamin Voß nach dem siebten Heimsieg in Folge treffend umbenannte, weit nach Mitternacht ab -- nachdem Irmen mit seiner Frau noch selbst geputzt hatte. Man stelle sich dies es Szenario einmal im chronisch leeren Burg-Wächter-Castelle mit HSG-Manager Frank Flatten vor.

Die beiden Handball-Welten, die am Freitag in Korschenbroich aufeinanderprallten, trennen eben nicht nur mehrere hunderttausend Euro, sondern auch die grundsätzliche Einstellung zum Thema Handball. Dass die Handvoll mitgereister HSG-Fans den TVK als „Bauernklub“ verspottete, passte da ins Bild, ebenso wie die Tatsache, dassaus Dormagen mehr Fans zum Derby gekommen waren als aus Düsseldorf. Mit dem unerwarteten Heimsieg hat sich die Ausgangslage des TVK im Abstiegskampf allerdings nur leicht verbessert, immer noch sind es „nur“ zwei Punkte Abstand zu einem Abstiegsplatz.

Aber der neuerliche Coup dürfte Signalwirkung nicht nur für die letzten Spiele, sondern auch für die weiteren Personalplanungen haben. „Mit David Breuers Unterschrift haben wir einen großen Schritt nach vorne gemacht“, so Manager Jupp Grimm, der jetzt auch die weiteren Baustellen angehen will. Unter anderem im Tor: Mittlerweile ist offiziell, dass Tobias Kokott den TVK verlassen wird. Grimm: „Er hat sich aus beruflichen Gründen dazu entschieden.“