Die Konkurrenz schläft nicht
VON VOLKER KOCH
Ihr Aufeinandertreffen kann durchaus aufstiegsentscheidend sein: Dormagens
niederländischer Linksaußen Michiel Lochtenbergh und die Friesenheimer Nico
Kibat (links) und Torhüter Stefan Pfeiffer. Die Friesenheimer, in der
vergangenen Saison die große Enttäuschung in der Zweiten Liga Süd, haben einen
radikalen personellen Schnitt vollzogen und scheinen in der Lage, in den
prognostizierten Zweikampf zwischen Dormagen und Düsseldorf einzugreifen.
Am Freitag startet die 2. Handball-Bundesliga Süd in die Saison.
Aus Sicht des Rhein-Kreises Neuss eine historische Spielzeit, denn mit TSV Bayer
Dormagen und TV Korschenbroich sind erstmals zwei einheimische Klubs im Unterbau
der „stärksten Liga der Welt“ vertreten.
Die NGZ stellt beide Teams, ihre Kader und Ziele vor und wirft einen Blick auf
die Gegner, mit denen sie sich im Kampf um Aufstieg oder Klassenerhalt
auseinander setzen müssen.
Die TSG Friesenheim hat den ersten Tabellenplatz bereits sicher. Zumindest den
in der „ewigen Tabelle“ der Zweiten Handball-Bundesliga Süd. Den haben die
„Eulen“ aus der Ludwigshafener Vorstadt, dem Geburtsort von Altkanzler Helmut
Kohl, allerdings nicht aufgrund besonders großer sportlicher Erfolge erklommen.
Sondern weil nur noch der EHV Aue ein längeres Dasein in der Zweiten Liga
fristet als die Friesenheimer Turn- und Sportgemeinschaft.
Damit könnte es am 3. Mai 2008 ein Ende haben. Denn die Friesenheimer zählen zu
jenen (vier) Teams, die sich Hoffnungen auf einen Sprung in die Bundesliga
machen dürfen. Das tun sie eigentlich immer vor Saisonbeginn. Am Ende reichte es
drei Mal, zuletzt 2002/03, zu Rang drei, danach fiel die Bilanz mit den Plätzen
acht, vier, sieben und 13 eher mager aus.
TSG Friesenheim
Weil dem so war, hat sich die Sportliche Leitung um Gunnar Krug und Werner
Fischer zu einem radikalen „personellen Schnitt im Kader“ entschlossen: Fünf
gingen, darunter tatsächliche oder vermeintliche Leistungsträger wie Frantisek
Sulc, Andreas Neumann oder Markus Scheurer.
Neun Neue kamen, (fast)alles gestandene Zweitliga-Akteure, darunter mit
Sebastian Roth (TV Hüttenberg) und Thorsten Salzer (SG Bietigheim/Metterzimmern)
zwei Junioren-Weltmeister.
Und weil die TSG mit dem früheren Kornwestheimer Thomas König ohnehin einen
excellenten Fachmann auf der Bank sitzen hat, könnte sie durchaus die Rolle des
berühmten „Hechts im Karpfenteich“ spielen.
Eines Karpfenteichs, der nach Einschätzung der meisten Fachleute von zwei Klubs
beherrscht wird: dem letztjährigen Vizemeister TSV Bayer Dormagen und dem
Bundesliga-Absteiger HSG Düsseldorf. „Zwei selbsternannte Titelfavoriten“,
überschreibt das Fachblatt „Handballwoche“ deshalb auch seine Saisonvorschau für
die Süd-Liga.
HSG Düsseldorf
Die beiden rheinischen Rivalen, deren Spielstätten gerade mal 24 Kilometer
auseinander liegen (vorausgesetzt, man findet am Burg-Wächter-Castello in
Reisholz einen Parkplatz in Hallennähe), eint in dieser Saison eines: Beide
sprechen vom Aufstieg nicht nur als klarem Ziel, sondern mehr oder weniger
unverblümt als von einem „Muss“.
Die Landeshauptstädter wollen auf direktem Weg zurück in die Erste Liga, in der
sie insgesamt 14 Spielzeiten verbrachten - eine mehr als der TSV Bayer Dormagen,
weswegen sie ihn in der „ewigen Tabelle“ auch von Platz zwölf auf Rang dreizehn
verdrängten. Um dieses Unterfangen, das ihnen zuletzt in der Spielzeit 2003/04
recht souverän mit 61:7 Punkten geglückt war, zu verwirklichen, schassten sie
Trainer Nils Lehmann und verpflichteten den Weißrussen Georgi Sviridenko (vorher
beim Dessau-Rosslauer HV), der in der Branche als „harter“ Hund gilt.
Es gingen ferner Björn Navarin, Jörg Schürmann, Nikos Kokolodimitrakis,
Alexandros Vasilakis und Fabian Schneider, es kamen Torjäger Frantisek Sulc aus
Friesenheim, Kreisläufer Patrik Fölser von Dormagens Relegationsgegner TuS
N-Lübbecke, der Litauer Valdas Novickis vom SC Magdeburg und Dormagens
Linksaußen Marcel Wernicke.
Mit Max Ramota, Maik Makowka, Frank Berblinger, Robert Heinrichs, Jens
Sieberger, dem Zwillingsbruder des Dormagener Abwehrchefs, und vor allem mit dem
starken Torhüter Almantas Savonis verfügt Sviridenko über ein halbes Dutzend
gestandener Erstliga-Spieler.
Bergischer HC
Vierter im Bunde der vermeintlichen Aufstiegsanwärter ist der Bergische HC. Ob
diese Einschätzung aus aktueller Stärke - neu im Kader von Trainer Norbert
Gregorz ist nur der Tscheche Jiri Vitek, der aus dem französischen Istres kam -
oder der Vorjahresplatzierung (3.) resultiert, sei dahingestellt.
In der ersten DHB-Pokalrunde gab es mit der 29:34-Heimniederlage gegen die TSG
Friesenheim schon den ersten Dämpfer - doch die muss nicht unbedingt gegen die
Bergischen, kann aber für die Friesenheimer Favoritenrolle sprechen.
Hüttenberg und Willstätt
Dem letztjährigen Tabellenvierten, am Freitag erster Gast in Dormagen, und dem
Sechsten ist am ehesten ein Vordringen ins Spitzenquartett zuzutrauen.
Hüttenberg verlor zwar Junioren-Weltmeister Sebastian Roth (Friesenheim) und
Erstliga-Routinier Thomas Schäfer (TV Mainzlar), verpflichtete mit Andreas Lex
(HSG Wetzlar) und dem torgefährlichen Mario Allendörfer (in der vergangenen
Saison 164 Treffer für Nord-Zweitligist A´SG Achim/Baden) gleichwertigen Ersatz.
Der Rest
Vom stattlichen „Rest“ der Liga sind in erster Linie der SG
Bietigheim-Metterzimmern, dem durch die Rückkehrer Karsten Wöhler (Melsungen)
und Christoph Jauernik (Obernburg) verstärkten ThSV Eisenach, der HG
Oftersheim/Schwetzingen, die im ersten Jahr ohne Trainerfuchs Wilfried Job
allerdings deutlich schwächer scheint, und der TSG Münster, am Freitag erster
Prüfstein für den TV Korschenbroich, einstellige Tabellenplätze zuzutrauen.
Alle anderen werden wohl gegen den Abstieg spielen, am gefährdetsten erscheinen
Tuspo Obernburg, der EHV Aue (ohne Super-Torjäger Michal Tonar, der zum HSC Bad
Neustadt wechselte), und Aufsteiger SG Wallau-Massenheim. Ähnlich wie dem TV
Korschenbroich wird auch dem anderen Neuling HSC Coburg um die
erstliga-erfahrenen Martin Reuter und Vladimir Suma eine durchaus gute Rolle im
Mittelfeld zugetraut.